DBG 2023

Böden – divers & multifunktional

2. – 8. September 2023

Halle an der Saale

„SOIL PROFILE CAKE CONTEST (SPCC)“:

Wer bäckt das schönste und wohlschmeckendste Bodenprofil?

 

Ein Highlight der DBG-Jahrestagung 2023 in Halle (Saale) war ohne Zweifel der Soil Profile Cake Contest… ein Wettbewerb für bodenkundlich bewanderte und gleichermaßen kulinarisch kreative Tagungsteilnehmer:innen. Wenn man Bodenkundler und Bodenkundlerin fragt, was sie dazu treiben könnte, ein essbares Bodenprofil ins Dasein zu rufen, wird die Antwort individuell wahrscheinlich sehr unterschiedlich klingen. Vielleicht ist es die andauernde Faszination für Böden, die nach dem Ablegen von Spaten und Bohrstock mit nach Hause kommt und sich heimlich auch in die Küche hineinschleicht? Oder ist ein plötzlicher Moment der Erleuchtung dafür verantwortlich? Etwa an einem langen Kartierungstag, an dem man das Lunchpaket zuhause vergessen hat. Dann wurde man vielleicht von der schmerzvollen Offenbarung der Ähnlichkeit eines Bodenprofils mit einem riesigen Stück Kuchen getroffen. Wer weiß?

Aus welchen Gründen auch immer nahmen fünf Tagungsteilnehmer:innen die Herausforderung an, leckere und fachlich akkurate Bodenprofile zu backen. Diese wurden auf der DBG-Tagung im Rahmen des Icebreakers am Sonntagabend von Dr. Albrecht Bauriegel und Dr. Peter Schad nach KA5/KA6 und WRB angesprochen und anschließend zur allgemeinen Beprobung durch die gesamte Fachcommunity freigegeben. Dass alle Böden hervorragend schmeckten, zeigt die Tatsache, dass sie bald bis zum kompletten Abtrag beprobt wurden. Das mag erst einmal nach einer wenig nachhaltigen fachlichen Praxis klingen, aber die gute Nachricht ist, dass essbare Böden zu 100% regenerierbar sind und sich standortunabhängig rekonstruieren lassen. Genau zu diesem Zweck finden Sie hier eine Anleitung zur Herstellung eines Mulmniedermoorkuchens.

Laurentiu Constantin (Doktorand am Albrecht-Daniel-Thaer-Institut für Agrar- und Gartenbauwissen-schaften der Humboldt-Universität zu Berlin)

 

Die fünf Teilnehmer:innen am Soil Profile Cake Contest 2023, von links nach rechts: Prof. Dr. Bruno Glaser, Danica Kynast, Tobias Fabian, Laurentiu Constantin und Martin Krech (Foto:  Eva Lippold)

Vielen Dank an Frau Dr. Ute Wollschläger für die Organisation dieser sehr gelungenen Veranstaltung!

 

Rezept: Mulmniedermoorkuchen

 

Geschmacksprofil:

Schokolade, Orange, Kokosnuss

 

Schichten (von oben nach unten):

1. Amorpher Torf (degradiert/pedogen stark verändert) → Schokomousse mit Kakaonibs und Mohnsamen

2. Radizellentorf mit mittlerem Humifizierungsgrad → Tortenboden mit Kakaopulver, Kurkuma und Orangeat

3. Kalkmudde → Kokosnusscreme mit weißer Schokolade

4. Glazifluviatiler Sand → feine Streusel

 

Materialien:

Springform (25 cm Durchmesser), Backpapier, Alufolie, Handmixer, Schneebesen, viele Schüsseln und Löffel, ggf. gelbe Papierstrohhalme und Schere

 

Zutaten:

Schokomousse:

120 g Zartbitterschokolade | 4 Eier | 1 EL Vanillesirup | 2 EL Kaffee- od. Amarulalikör | 1 EL Kakaopulver | 1 TL Zitronensaft | 100 ml Sahne

Tortenboden:

6 Eier | 250 g Zucker | 240 g Mehl | 1 Prise Salz | nach Geschmack: Kakaopulver, Kur-kumapulver, Orangeatwürfel, Zitronensaft, Cointreau

Kokoscreme

200 g Kokosraspeln | 200 g Kondensmilch | 200 g weiße Schokolade | 15 g Agartine (Agar-Agar)

Streusel

200 g Mehl | 60 g Zucker | 100 g Margarine | 1 Pkg Backpulver | 1 Pkg Vanillezucker | 1 Zitrone

Deko (Vegetation, Grabenwasser)

25 g Gehackte Pistazienkerne | 15 g Agartine (Agar-Agar) | nach Geschmack: Zucker

 

Kuchen ganz (Foto: Eva Lippold) und angeschnitten (Foto: Laurentiu Constantin)

 

Zubereitung:

1. Streuselschicht („Sand“)

  • Mehl, Zucker, Vanillezucker und Backpulver vermengen
  • gekühlte Margarine in dünne Scheiben schneiden und dazugeben
  • geriebene Zitronenschale und Zitronensaft nach Geschmack dazugeben
  • alles zwischen den Fingern/Handflächen reiben (nicht kneten!), bis die Margarine zergeht und ein feines, loses, sandähnliches Gemisch entsteht
  • den Boden der Springform mit Backpaper auslegen, im Ring einklemmen, dann Springform mit Margarine einfetten
  • den „Sand“ in die Springform eingeben und bei 180°C backen, bis die Oberfläche golden wird
  • die fertige „Sandschicht“ aus dem Ofen nehmen, einige Minuten ruhen lassen und vorsichtig auf ein Holzbrett übertragen (dafür ist sie stabil genug)

Hinweis: Je nachdem, wie lange man den „Sand“ im Ofen stehen lässt, entstehen mehr oder weniger deutliche „Oxidationsmerkmale“. Man kann z.B. gezielt einen Gro-Horizont (kürzere Backzeit) oder einen Go-Horizont (längere Backzeit) erhalten. Man möchte das „Substrat“ aber nicht zu lange backen, weil dies zu einem hohen „Verfestigungsgrad“ oder zur Ausbildung von „Konkretionen“ führen kann.

 

Fertig gebackene „Sandschicht“ nach der Entnahme aus der Springform (Foto: Laurentiu Constantin)

 

2. Tortenboden („Radizellentorf“)

  • Eier trennen
  • Eiweiß und Zucker zu steifem Eischnee schlagen (Handmixer auf höchster Stufe)
  • Öl und Eigelbe nacheinander beimengen (Handmixer auf mittlerer Stufe)
  • Orangeatwürfel sehr fein hacken und dazugeben (Menge nach Geschmack)
  • Mehl und Prise Salz mit dem Schneebesen unterheben
  • Kakaopulver und Kurkuma dazugeben; dabei Mengen so auswählen, dass der „Radizellentorf“ die gewünschte Farbe annimmt (mehr Kakaopulver für einen höheren „primären Humifizierungsgrad“)
  • Springform erneut mit Backpapier auslegen und einfetten
  • „Radizellentorf“ etwa 45 min bei 180°C backen
  • mindestens 10 min ruhen lassen, bevor Springform entfernt wird

3. Kokoscreme („Kalkmudde“)

  • Kokosraspeln und Kondensmilch vermengen
  • weiße Schokolade auf niedriger Hitzestufe schmelzen und dazugeben
  • Agarpulver in etwa 100 ml Wasser aufkochen; heiße Agarlösung dazugeben
  • gründlich mit dem Löffel rühren

Hinweis: Es handelt sich um einen tief entwässerten Standort eines Verlandungsmoores, in dem die Kalkmudde aktuell im oxidierten Bereich steht (fFr°Go-Horizont). Also keine Sorge, wenn die weiße Schokolade beim Schmelzen ein bisschen anbrennt. Das ist sogar erwünscht, weil die so erzeugten kleinen, rostbraunen Flocken als deutliche Oxidationsmerkmale in der „Mudde“ fungieren können.

… dann:

  • „Sandschicht“ zurück in die Springform legen und Ring schließen
  • Kokoscreme („Kalkmudde“) gleichmäßig auf dem „Sand“ verteilen

… und Tortenboden („Radizellentorf“) für den nächsten Schritt vorbereiten:

Hinweis: In einer Schicht aus „Radizellentorf“ sind i.d.R. Regel mehrere Horizonte vorhanden, die sich anhand ihrer Gefügemerkmale unterscheiden (z.B. Absonderungshorizont nHa, Torfschrumpfungshorizont nHt und Wasserwechselhorizont nHw). Und einen Entwässerungsgraben gibt auf einer stark degradierten Moorfläche wahrscheinlich auch. Diese Elemente kann man durch etwas Feinarbeit am Tortenboden reproduzieren. Wenn man Zeit sparen möchte, kann man auf die folgenden 4 Schritte (oder einen Teil davon) auch verzichten.

  • den gewölbten, oberen Teil des Tortenbodens waagerecht abschneiden
  • diesen abgetrennten Bereich fein würfeln; daraus sollen die „Aggregate“ des Absonderungshorizonts (nHa) entstehen
  • an der nun ebenen Oberfläche des Tortenbodens einen „Graben“ ausschneiden (etwa halb so tief wie die Dicke des Tortenbodens); den genauen Verlauf des „Grabens“ auf dem Kuchen kann man sich frei aussuchen
  • auf beiden Seiten des Grabens werden ähnlich tiefe, aber möglichst schmale, lineare Einschnitte mit einem scharfen Messer erzeugt; diese werden die „Schrumpfrisse“ des Torfschrumpfungshorizonts (nHt) sein

 

Vorbereitete „Radizellentorfschicht“ mit Graben und eingeschnittenen „Schrumpfrissen“ (Foto: Laurentiu Constantin)

 

4. Schokomousse (amorpher Torf)

  • Eier trennen
  • Schokolade hacken und schmelzen
  • Eigelbe mit Likör und Vanillesirup über einem heißen Wasserbad schlagen, bis dick-cremige Konsistenz erreicht wird, dann von der Hitze nehmen
  • Schokolade, Eiercreme und Kakao verrühren
  • Sahne schlagen
  • Eiweiß mit Zitronensaft steif schlagen
  • erst Schlagsahne und dann Eischnee unter die Schokocreme heben

…und die letzten Schritte:

  • Tortenboden („Radizellentorf“) über die „Kalkmudde“ in die Springform setzen
  • den „Torf“ nach Geschmack mit Zitronensaft und Cointreau „bewässern“
  • eine dünne Schicht Schokomousse auftragen, so dass die „Schrumpfrisse“ gefüllt werden und der Graben mit einer dünnen „Schlammschicht“ ausgekleidet wird
  • Schokomousse dritteln
  • ein Drittel mit ausreichend Tortenbodenwürfeln („Torfaggregaten“) vermischen und diese auf die Oberfläche des Tortenbodens auftragen
  • ein Drittel mit Kakaonibs vermischen und die erhaltene grobkörnige Creme obendrauf auftragen; noch offene Lücken zwischen den bereits aufgetragenen „Aggregaten“ werden gefüllt
  • das letzte Drittel mit Mohnsamen vermischen, dann ebenfalls auftragen und glattstreichen; dieser ist der erste Horizont an der „Geländeoberfläche“, der Vermulmungshorizont (im Kontext des Kuchens eher ein Vermoussungshorizont)
  • Graben mit Alufolie auskleiden, so dass eine Art Wanne entsteht, die der Form des Grabens entspricht
  • Agar (mit Zucker nach Geschmack) in etwa 100 ml Wasser aufkochen lassen
  • süße Agarlösung in den ausgekleideten Graben gießen (Füllhöhe frei einstellbar) und aushärten lassen
  • Alufolie mit Agargel aus dem Graben herausziehen und Agargel vorsichtig freilegen; Agargel als ganzes Stück zurück in den Graben setzten
  • ggf. „Ufervegetation“ pflanzen, bevor Schokomousse aushärtet; hier kann man sich Vieles ein-fallen lassen – ich habe seggenartig geschnittene/aufgeschlitzte, gelbe Papierstrohhalme benutzt
  • Kuchen für mehrere Stunden kühl stellen, so dass die Schokomousse aushärtet
  • vor dem Servieren gehackte Pistazienkerne über die „Bodenoberfläche“ verteilen; so entsteht eine lückige „Grasnarbe“; etwas Grün an der Oberfläche des „Grabenwassers“ kann auch ein schönes „Zeichen der Eutrophierung“ sein

Viel Spaß beim Backen und guten Appetit!

 

Profilkuchenansprache nach KA5 (Foto: Laurentiu Constantin)

 

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